Die Entstehung der Brille

Brillen sind heute eine Selbstverständlichkeit. Doch über viele Jahrtausende gab es für Fehlsichtigkeiten keine Lösung. Bis zur modernen Brille, wie wir sie heute kennen war es ein weiter Weg. Erfahren Sie auf dieser Seite alles über die Entstehung der Brille. 

Vom Kristall zum Lifestyle-Objekt

Der erste Vorreiter der Brille wurde nach aktuellem Wissensstand in der Antike entwickelt. Der griechische Mathematiker und Physiker Archimedes (287-212 v. Chr.) soll damals das Brechungsgesetz von Linsen untersucht und dafür einen Kristall an seinen Kopf gebunden getragen haben. Dieser diente ihm sowohl als Sehhilfe als auch als Brennspiegel, mit dem er römische Schiffe vorsätzlich in Brand gesteckt haben soll. Kaiser Nero (37-68 n. Chr.) verwendete einen Smaragd, um seine Gladiatorenkämpfe zu beobachten. Dies tat er allerdings nicht wie lange geglaubt, um eine Fehlsichtigkeit auszugleichen, sondern um seine Augen vor dem grellen Sonnenlicht zu schützen. Nero verwendete in diesem Sinne den Vorläufer der heutigen Sonnenbrille.

Die ersten schriftlichen Belege, dass fehlsichtige Augen mithilfe von geschliffenen Linsen unterstützt werden können, stammen vom arabischen Gelehrten und Astronomen Ibn al-Heitam (ca. 965-1040 n. Chr.). Er hielt seine Ideen in seinem Werk namens „Schatz der Optik“ fest. Seine Überlegung, dass eine Glaskugel zur optischen Vergrößerung genutzt werden kann, wurde erst viele Jahre später in die praktische Anwendung übertragen. Um das Jahr 1240 entwickelten italienische Mönche auf Basis des mittlerweile ins Lateinische übersetzten Buchs von Heitam die erste wirklich greifbare Version eines Brillenglases. Die aus Bergkristall gefertigte Linse vergrößerte die Buchstaben der Schriften und wurde allgemein als „Lesestein“ betitelt. Ihrem ursprünglichen Rohmaterial hat die heutige Brille übrigens ihren Namen zu verdanken: Der Begriff „Brille“ wird auf „Beryll“, die Bezeichnung für Halbedelstein (zu dem auch der Bergkristall gehört) zurückgeführt.

 

Die erste Brille

Die erste Version der Brille, die in ihrer Form der Brille von heute am nächsten kommt, wurde Ende des 13. Jahrhunderts nördlich von Venedig hergestellt. Den Glasmachern von Murano, auch „Cristalleri“ genannt, gelang es erstmals, zwei konvexe Linsen zu schleifen und diese in jeweils einen hölzernen Ring mit Stiel zu fassen.

Die Stiele verbanden sie mittels einer Niete und erfanden somit die erste Brille. Diese „Nietbrille“ besaß zwar noch keinerlei Vorrichtungen für einen sicheren Sitz am Kopf (und musste mit der Hand vor die Augen gehalten werden), stellte aber trotzdem die bis dato komfortabelste Lösung in Hinblick auf Sehkorrektur dar. Natürlich war die Vielfalt der Brillengläser, wie wir sie von heute kennen, noch nicht gegeben. Die Nietbrillen waren nur für diejenigen geeignet, die weitsichtig waren oder an einer Alterssichtigkeit litten.

Mit der Zeit wurden die Komponenten der Nietbrille verändert, auch Bügel kamen letztendlich hinzu. Ebenso kamen immer vielfältigere Materialien zur Herstellung der Fassung zum Einsatz, darunter Leder, Fischbein, Schildpatt, Horn und Silber.

Die Brille von heute

Im 16. Jahrhundert wurde entdeckt, dass mit einer konkav geformten Linse eine Kurzsichtigkeit korrigiert werden kann. Etwa ein Jahrhundert später wurde der erste Entwurf der Brille, wie wir sie heute kennen, populär. Mit Nasensteg und seitlichen, am Ende abgerundeten Stangenbügeln versehene Fassungen hoben den Tragekomfort auf ein neues Niveau. Mit der Zeit verbesserte sich die anatomische Passform der einzelnen Bauteile der „Ohrenbrillen“ weiter, bis schließlich mit Beginn des 20. Jahrhunderts der heutige Stand in Sachen Konstruktion erreicht wurde.

Benjamin Franklin wird übrigens als Erfinder der Bifokalbrille gesehen. Es war ihm lästig, seine Fernbrille immer gegen seine Lesebrille austauschen zu müssen. So kam er im Jahr 1784 auf die wegweisende Idee, ein Glas für Kurzsichtigkeit mit einem Glas für Weitsichtigkeit in einer Brille zu kombinieren. Aus diesem Grund nennt man Bifokal-Brillengläser auch heute noch „Franklin-Gläser“.

Was mit einem grob geschliffenen Kristall begann, ist heute ein technisches Meisterwerk. Präziseste Handarbeit und der Einsatz hochmoderner Technologien wie beispielsweise die Ermittlung von über 40.000 Messpunkte zur Anfertigung der Gläser fließen in die Herstellung einer einzigen Brille ein. Darüber hinaus ist die moderne Brille mehr als eine Sehhilfe, sie ist zum echten Modeaccessoire geworden und für viele Menschen ein Weg, ihre Persönlichkeit zu unterstreichen und sich auch immer wieder neu zu erfinden.

 Bis Anfang der 1980er Jahre gab es in Deutschland übrigens nur 6 Kunststofffassungen für Erwachsene und 2 für Kinder, die von Krankenkassen finanziert wurden. Diesem Umstand entsprang der eher negativ behaftete Begriff „Kassengestell“. Die wirklich sehr begrenzte Auswahl an Fassungen bediente nur einen Bruchteil der Brillenträger und Brillenträgerinnen wirklich typgerecht und von der heutigen Devise „Brillen für jeden Geschmack“ war man weit entfernt. Eine heute große Optikerkette erkannte damals ihre Chance und brachte in Kooperation mit der AOK Versicherung 90 neue Fassungen aus Kunststoff und Metall auf den Markt. Dies war der Startschuss zur heutigen großartigen Vielfalt in der Welt der Brillenmode.